Abschiedskonzert im Bösendorfersaal
Das Grundstück, auf dem das Hochhaus heute steht, war über 400 Jahre lang im Besitz der Familie Liechtenstein. Hier stand das von Fischer von Erlach geplante Palais der fürstlichen Familie. In dem angebauten Kanzlei- und Wirtschaftsgebäude befand sich jene Reitschule, die Ludwig Bösendorfer 1872 aufgrund der außergewöhnlich guten Akustik in einen Konzertsaal umbauen ließ.
Der sogenannte „Bösendorfersaal“ war vor allem für seine außergewöhnlich gute Akustik bekannt. Selbst Adolf Loos begründete „Das Mysterium der guten Akustik des Bösendorfersaals“ damit, dass „das Material durch vierzig Jahre immer gute Musik eingesogen hat und mit den Klängen unserer Philharmoniker und den Stimmen unserer Sänger imprägniert wurde…“
Am 2. Mai 1913 wurde im Bösendorfersaal unter Tränen das letzte Konzert abgehalten. Der Schriftsteller Stefan Zweig (1881-1942) beschreibt in seiner autobiografischen Erinnerung „Die Welt von Gestern“ dieses Konzert.
„An sich war dieser kleine Konzertsaal, der ausschließlich der Kammermusik vorbehalten war, ein ganz unbedeutendes, unkünstlerisches Bauwerk (…). Aber er hatte die Resonanz einer alten Violine, er war den Liebhabern der Musik geheiligte Stätte, weil Chopin und Brahms, Liszt und Rubinstein darin konzertiert, weil viele der berühmten Quartette hier zum ersten Male erklungen. Und nun sollte er einem neuen Zweckbau weichen; es war unfassbar für uns, die hier unvergessliche Stunden erlebt. Als die letzten Takte Beethovens verklangen, vom Rosé-Quartett herrlicher als jemals gespielt, verließ keiner seinen Platz. Wir lärmten und applaudierten, einige Frauen schluchzten vor Erregung, niemand wollte es wahrhaben, daß es ein Abschied war. Man verlöschte im Saal die Lichter, um uns zu verjagen. Keiner von den vier- oder fünfhundert der Fanatiker wich von seinem Platz. Eine halbe Stunde, eine Stunde blieben wir, als ob wir es erzwingen könnten durch unsere Gegenwart, daß der alte geheiligte Raum gerettet würde.“